Am 14.03.2021 wählt Rheinland-Pfalz einen neuen Landtag; Der Verein Menschen für Tierrechte–Tierversuchsgegner Rheinland-Pfalz e.V. hat die Wahlprogramme auf ihre Tierschutzvorhaben gesichtet. Es treten 12 Parteien und eine Wählervereinigung an.
Im Folgenden finden Sie eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen zum Thema Tierschutz, die wir in den Wahlprogrammen der Parteien und Wahlvereinigung gefunden haben (kein Anspruch auf absolute Vollständigkeit).
Besonders hervorzuheben sind sechs Tierschutz-Ankündigungen, die - gegenüber früheren Landtagswahlprogrammen - entweder völlig neue Projekte und/oder konkrete Ziele benennen.
- Einführung einer/eines Landesbeauftragten für Tierschutz (Freie Wähler, Grüne, ÖDP, Tierschutzpartei),
- Einrichtung einer Staatsanwaltschaft für Tierschutz (Freie Wähler)
- Mehr Personal für tierschutzrechtliche Kontrollen (Freie Wähler, ÖDP)
- Förderung der pflanzlichen Ernährung (Freie Wähler, Grüne, SPD, Tierschutzpartei) u.a. durch nachhaltigen Pflanzenanbau für vegetarische/vegane Produkte (SPD) und vegetarische/vegane Zusatzmodule in der Köch*innenausbildung (Grüne)
- Masterplan für Alternativen zum Tierversuch (ÖDP)
- Kindgerechte Tierschutzpädagogik im Unterricht (Grüne)
Die Programme im Einzelnen:
SPD: Das Regierungsprogramm sieht vor:
Artgerechte Haltungs- und Transportsysteme für Tiere in der Landwirtschaft sollen verfolgt und zum allgemeinen Standard werden. In der EU soll ein verpflichtendes Tierwohlkennzeichen eingeführt werden, um so faire Marktbedingungen zu schaffen (Seite 84). Der nachhaltige Pflanzenanbau für vegetarische und vegane Produkte ist zu stärken und zum Aushängeschild für Rheinland-Pfalz zu machen. Darin wird eine Chance für die Landwirtschaft und die Ernährungsindustrie gesehen (Seite 90). Alternativen zum Tierversuch sollen gefördert werden. Dem Aussterben von Tierarten (und Pflanzenarten) muss gegengesteuert werden. Für Tierheime und Tierschutzvereine wird ein Unterstützungsprogramm zur Förderung baulicher Maßnahmen und der Tierschutz-Präventionsarbeit eingeführt (Seite 85). Zoos und Tierparks mit Artenschutzprogrammen in Rheinland-Pfalz sollen mehr Unterstützung erhalten. Zuchtvereine und verantwortungsbewusste Züchter, die sich um den Erhalt seltener Rassen kümmern, sollen in ihrem Engagement weiterhin unterstützt werden. In Rheinland-Pfalz soll es keine qualvollen Auftritte von Wildtieren im Zirkus mehr geben. Die (Schalen-)Wildbestände sollen an die Erfordernisse des Waldes durch Bejagung angepasst werden, um das Ökosystem Wald zu stärken (Seite 87).
FDP: Das Wahlprogramm enthält auf den Seiten 57, 58, 60, 62 und 67 Aussagen zum Tierschutz. Die Tiere in der Landwirtschaft sollen besser gehalten werden (Seite 57, 3. Absatz). Es sollen hohe Standards in der Tierhaltung und bei Tiertransporten europaweit durchgesetzt werden. Alleingänge von Deutschland oder Rheinland-Pfalz sind aus Wettbewerbsgründen zu vermeiden (Seite 58, 3. Absatz). Das sog. „Tierwohllabel“ wird unterstützt (Seite 60, 6. Absatz). Finanzielle Förderung von Präventionsmaßnahmen zum Schutz der (Haus-) Tierbestände vor dem Wolf werden verfolgt; Der Wolf soll in das Jagdrecht auf Bundesebene aufgenommen und die Erlaubnis zur Tötung auffälliger Wölfe rechtlich abgesichert werden (Seite 62). Die Innenstädte sollen Rückzugsräume für kleine Wildtiere, Vögel und Insekten bieten (Seite 67, vorletzter Absatz).
Grüne Das Wahlprogramm beschäftigt sich mit dem Tierschutz auf den Seiten 32, 42, 50, 51, 52. Tierversuche werden auf den Seiten 33, 52 und 79 behandelt.
Erreicht werden sollen: ein ethisch verantwortungsvoller Umgang mit Tieren in allen Bereichen, eine tiergerechte und flächengebundene Nutztierhaltung und eine artgerechte Haltung von Haustieren. Tierversuche sollen durch die Weiterentwicklung von alternativen Methoden so weit wie möglich überflüssig werden.
Verfolgt wird eine ökologische und waldfreundliche Jagd, die das Tierwohl bei der Anpassung der Reh- und Rotwildbestände an die ökologischen Erfordernisse berücksichtigt. Abschussregelungen sollen gutachterlich festgestellt werden. Das Jagdrecht soll überarbeitet werden und Verbote für bleihaltige Munition, Totschlagfallen und Haustierabschuss enthalten. Aus- und Weiterbildung in der Jagd sollen auch den Tierschutz umfassen. Bei der Jagd sind Tiere schnell und ohne unnötiges Leid zu töten. Deshalb sind verpflichtende, qualitative Schießnachweise für alle Jäger*innen, die an Bewegungsjagden in Rheinland-Pfalz teilnehmen, einzuführen.
Eingeführt werden soll die Stelle einer*s unabhängigen Landestierschutzbeauftragten zur Stärkung des Tierschutzes und Unterstützung der Behörden vor Ort.
Verfolgt werden das Ende der Massentierhaltung, Herkunfts- und Haltungskennzeichnungen sowie Kennzeichnungspflicht für tierische Bestandteile in Lebensmitteln. Tiergerechte und flächengebundene Tierhaltung soll durch ein Programm „Partnerbetrieb Tierschutz“ gefördert werden. Hofnahe Schlachtungen (mobile Schlachtstätten) sollen erleichtert werden. Tiertransporte dürfen maximal vier Stunden dauern und nicht mehr in Drittländer erfolgen. Eingeführt werden soll eine Datenbank als Frühwarnsystem zur Verbesserung des Tierwohls sowie der Tiergesundheit und zur Unterstützung der Kontrollbehörden.
Die pflanzliche Ernährung soll unterstützt werden, auch durch vegane und vegetarische Zusatzmodule in der Köch*innenausbildung (Seite 49).
Zur Stärkung des Tierschutzes in der Gesellschaft soll eine kindgerechte Tierschutzpädagogik im Unterricht etabliert werden. Die Landeszentrale für Umweltaufklärung soll ebenfalls über den Tierschutz aufklären, beispielsweise auch darüber, dass Wildtiere nicht in den Zirkus gehören. Das Verbot der Wildtierhaltung im Zirkus wird auf Bundesebene verfolgt. Tierschutz-Ehrenämter werden unterstützt.
Tierschutz in Forschung und Lehre: das neue Hochschulgesetz verfolgt, in Forschung und Lehre auf Tierversuche und auf die Verwendung von Tieren so weit wie möglich zu verzichten und verpflichtet tierfreie Alternativen zu entwickeln. Diese Entwicklungen sollen mit bisherigen Fördermitteln aus der Tierversuchsforschung unterstützt und mit Bundesforschungsmitteln aufgestockt werden. Tierversuche der Kategorie „schwer“ sollen in Rheinland-Pfalz nicht mehr genehmigt werden.
CDU: Das Wort „Tierschutz“ haben wir im Regierungsprogramm der CDU nicht gefunden. Ein Tierschutzprogramm fehlt. Geleitet durch das christliche Menschenbild will die CDU Verantwortung übernehmen für die Schöpfung (für Tiere und Umwelt). Für Umwelt, Klima und Naturschutz soll eine landespezifische Bioökonomie-Strategie erstellt werden (Seite 24).
Freie Wähler: Das Wahlprogramm äußert sich im Kapitel 4.2 zum Tierschutz (Seite 14 bis Seite 16). Hierin sind durchaus systemverändernde Ansätze zur Reduktion des Tierleids enthalten. So geht es um einen ethisch geprägten Umgang mit den Tieren, um die Einführung einer Staatsanwaltschaft für Tierschutz sowie eines/einer Landestierschutzbeauftragen, um die personelle Aufstockung der Kontrollbehörden zur Durchsetzung geltenden Tierschutzrechts und die Entwicklung tierversuchsfreier Methoden für ein tierversuchsfreies Deutschland. Außerdem sollen Forschungen zu Tierersatzprodukten in der Ernährung und für eine artgerechte Tierhaltung verstärkt gefördert werden.
Klimaliste: Das Wahlprogramm ist mehr oder weniger ein Projektplan zum Erreichen der Klimaziele. Ein gesondertes Kapitel Tierschutz gibt es nicht. Klimaschutzmaßnahmen werden gleichzeitig auch als Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt sowie zum Schutz der Tiere angeführt. Dies gilt besonders für die Tiere in der Landwirtschaft. Eine Reduktion der Tierzahlen (Seite 65) bei artgerechter Haltung mit Auslauf und ausreichend Platz sowie nächtlichem Weidegang, zum Schutz der Weiden und der Tiere vor Hitzestress, wird verfolgt (Seite 65). Weniger Tiere reduzieren den Infektionsdruck und damit den Medikamenteneinsatz sowie die Futterimporte. Erreicht werden soll durch die Bundesgesetzgebung eine flächengebundene Tierhaltung. D.h. es dürfen auf einem Hof nur so viele Tiere gehalten werden, wie durch die betriebseigenen Flächen ernährt werden können. Ein Tierwohllabel wird unterstützt (Seite 69).
Der Schalenwildbestand (Rot-, Dam-, Reh-, Elch-, Muffel-, Gems-, Stein- und Schwarzwild) soll durch Jagd eingedämmt werden. Die Jagd leiste einen wichtigen Beitrag zur Regulierung des heimischen Schalenwildbestandes und somit zum Aufbau eines klimastabilen Waldes (Seite 72). Lebensräume für Insekten sollen geschaffen werden (Seite. 67).
Linke Das Programm nennt das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzvereine. Denn nur mit diesem Recht kann gegen Tierschutzverstöße auch aufgrund wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Interessen mit der Aussicht auf Erfolg geklagt werden. Hierzu will die Linke einen entsprechenden Antrag in den Landtag einbringen (Seite 35).
Hinweis: Das Landesgesetz über Mitwirkungsrechte und das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzvereine (TierSchLMVG) wurde in Rheinland-Pfalz im April 2014 eingeführt. Verbandsklagerecht | mueef.rlp.de | Willkommen in Rheinland-Pfalz
ÖDP Auf Seite 6 ihres Wahlprogramms sagt die ÖDP zum Tierschutz: „…Die Achtung vor dem Leben gebietet einen respektvollen Umgang mit den Tieren, unseren Mitgeschöpfen. Ein solcher Umgang schließt Quälerei und Missbrauch aus. Das in seiner Leidensfähigkeit dem Menschen nahestehende Tier hat ein Recht auf artgerechte Haltung…“ Gefordert werden: Abschaffung der industriellen Massentierhaltung, Verbot von Tiertransporten über größere Strecken und keine Verwendung von Hormonen zur Tiermästung.
Das Amt einer/eines Landestierschutzbeauftragten mit Klagebefugnissen soll eingeführt werden. Die Besetzung des Amtes soll auf Vorschlag von Tierschutzverbänden erfolgen.
Die Erstellung eines ambitionierten Masterplans zur Entwicklung von Alternativen zum Tierversuch wird verfolgt! Quälerische und leidvolle Experimente an und mit Tieren sollen verboten werden. Die personelle Aufstockung der Veterinärämter zur Durchführung tierschutzrechtlicher Kontrollen wird verfolgt.
Piraten: Das Wort „Tierschutz“ kommt im Programm nicht vor. Die Tiere spielen eine Rolle im Rahmen der Landwirtschaft und des Umweltschutzes. Die ökologische Landwirtschaft in kleinen und mittleren Betrieben - nicht die Massentierhaltung - soll gefördert werden (Seite 41). Biotope sollen vernetzt werden durch Naturkorridore, Wassernetze und zusätzliche Grünbrücken bei Straßen und Autobahnen (Seite 42). Dabei soll auf landschaftliche Vielfalt statt auf Monokulturen gesetzt werden. Die biologische Vielfalt soll gefördert und Lichtemissionen eingeschränkt werden, um den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus zu erhalten (Seite 43).
Tierschutzpartei (Partei Mensch Umwelt Tierschutz)
Erreicht werden sollen: Verbot von Massentierhaltung und Tierversuchen, Abschaffung der Jagd, Tierfreie Landwirtschaft, Förderung der pflanzlichen Ernährung, Tierschutzbeauftragte mit Klagerecht, Eigenes Ministerium für Tierschutz; Tierschutz soll eigenen Artikel im Grundgesetz erhalten.
Die Partei
Auszug aus dem Programm Seite 8:
„…Das T in Die PARTEI steht für Tierschutz. Wenn die große Anzahl frei streunender Katzen und Kater in Rheinland-Pfalz nicht in Tierheimen, Versuchslaboren oder bei Single-Lehrerinnen mit Alkoholproblemen unterkommen kann, muss es zu einer tierfreundlichen Reduzierung kommen. Zur Verhinderung ungewollter außerehelicher Würfe und weiterer katerloser Katzenkinder sollen alle streunenden Kater kastriert werden.
Im gleichen Atemzug fordern wir die Einführung einer landesweiten Katzen-Schutzimpfungsverordnung, um die Verbreitung bzw. Übertragung von Krankheiten unter Freigängern und Streunern zu verhindern. Deshalb sollen die kommunalen Katzenschutz-Hilfsvereine durch finanzielle Förderung des Landes in ihrer Arbeit unterstützt werden. Ebenso sollen Tierarztpraxen einen finanziellen Ausgleich erhalten, wenn sie streunende Kater kastrieren…“
Volt
Das Wort Tierschutz kommt im Programm nicht vor. Das Wort „Tier“ ist zweimal zu finden (bei Artenschutz und Agrarwirtschaft).
AfD
Veranlasst werden soll eine Studie zu den gesundheitlichen Auswirkungen von 5G auf Mensch und Tier. Tierschutz kann nur mit den Landwirten gelingen. Regionale Schlachthöfe sollen wieder eingeführt und Tiertransporte eingeschränkt werden.